Kingdom Come: Deliverance 2 im Test

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von Vik
ca. 10 Min.

Das Mittelalter war eine brutale, aber faszinierende Epoche. Intrigen, Ehre und Verrat prägten das Leben der Menschen, und genau dieses Gefühl will Kingdom Come: Deliverance 2 einfangen. Mit der Fortsetzung des erfolgreichen Rollenspiels verspricht Warhorse Studios erneut ein authentisches, forderndes Erlebnis. Doch gelingt das wirklich? Nach mehr als 90 Spielstunden ziehe ich mein Fazit.

Ein Brief, der den Stein ins Rollen bringt

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Die Geschichte setzt direkt nach den Ereignissen des ersten Teils an: Heinrich, einst einfacher Schmiedesohn, ist mittlerweile in die große Politik verwickelt. Zusammen mit seinem Freund Hans Capon soll er Otto von Bergow als Verbündeten gewinnen. Ein scheinbar einfacher Botengang, der jedoch in eine Reihe von folgenschweren Ereignissen mündet. Und hier zeigt sich eine der größten Stärken von Kingdom Come: Deliverance 2: die packende Story.

Warhorse Studios versteht es, Wendungen geschickt zu inszenieren und die Spieler emotional mitzunehmen. Gerade die Mischung aus tiefgehender Handlung, pointiertem Humor und starken Charakteren sorgt dafür, dass ich oft wie gebannt vor dem Bildschirm sitze. Hans Capon stiehlt dabei in vielen Szenen die Show – sein loses Mundwerk und hitziges Temperament machen ihn zu einem der unterhaltsamsten Begleiter im Spiel.

Schmieden

Ein besonderes Feature von Kingdom Come: Deliverance 2 ist das Schmieden. Heinrich, der Sohn eines Schmieds, kann nicht nur seine Waffen reparieren, sondern auch verbessern und sogar neue Waffen herstellen. Dazu benötigt er Rezepte, die er entweder kaufen oder durch Erkundung und Quests finden kann. Diese Rezepte müssen erst erlernt werden, bevor er sie in der Schmiede anwenden kann.

Das Schmieden selbst ist ein interaktiver Prozess, der Geschick und Timing erfordert. Die Wahl der richtigen Materialien, die korrekte Temperatur und das präzise Hämmern auf dem Amboss beeinflussen die Qualität der hergestellten Waffen. Wer sich intensiv mit diesem Handwerk beschäftigt, kann nicht nur hochwertige Waffen erschaffen, sondern auch seine Handwerksfertigkeit stetig verbessern. Dadurch wird Heinrich zunehmend effizienter beim Schmieden, was die Herstellung hochwertiger Waffen ermöglicht.

Linear, aber intensiv

Obwohl es sich um ein Rollenspiel handelt, verläuft die Geschichte relativ linear. Ich habe Einfluss auf viele Details, aber Heinrich ist kein unbeschriebenes Blatt, sondern eine festgelegte Figur mit eigener Persönlichkeit. Nach kurzer Eingewöhnung gefällt mir dieses Konzept gut – ich spiele nicht einfach nur eine Figur, ich werde zu Heinrich. Doch Warhorse wagt diesmal noch eine Neuerung: Einige Abschnitte erlebe ich aus der Perspektive von Pater Godwin, einem altbekannten Charakter aus dem ersten Teil. Diese Idee sorgt für zusätzliche Tiefe, da sie eine neue Perspektive auf die Ereignisse erlaubt und den Spielern die Möglichkeit gibt, über Heinrichs Erlebnisse hinauszublicken.

Allerdings bringt dieser Wechsel auch Herausforderungen mit sich. Nach vielen Stunden mit Heinrich kann es ungewohnt sein, aus seiner Rolle gerissen zu werden. Zudem bleibt fraglich, ob Pater Godwin als spielbarer Charakter wirklich notwendig ist oder ob seine Abschnitte nicht eher als erzählerische Unterbrechung wirken. Dennoch beweist Warhorse mit dieser Entscheidung Mut zur Innovation, auch wenn sie nicht jedem gefallen dürfte.

Waffenvielfalt und Kampfsystem

Ein schwieriges Kampfsystem mit interessanten Funktionen

Das Kampfsystem war im ersten Teil ein großer Streitpunkt – für viele zu sperrig, zu schwerfällig. Kingdom Come: Deliverance 2 macht es nun zugänglicher, ohne die Tiefe zu verlieren. Die Steuerung ist flüssiger, das Blocken einfacher und die Trefferzonen etwas intuitiver. Vor allem kann ich nun endlich mit der rechten Maustaste blocken! Die kämpferischen Herausforderungen bleiben knackig, doch das Frustlevel ist deutlich gesunken.

Die Waffenvielfalt ist beeindruckend. Neben Schwertern, Äxten und Streitkolben gibt es nun auch Armbrüste, die langsamer nachladen, dafür aber sehr präzise sind. Besonders spannend: die Handkanone, eine frühe Schusswaffe, die zwar extrem langsam und ungenau ist, aber immensen Schaden verursacht. Trotz dieser Neuerungen bleibt der Nahkampf das Herzstück des Spiels – eine gut platzierte Parade oder ein gekonnter Schwerthieb entscheiden über Leben und Tod.

Diebstahl und Schlösserknacken

Eine der lohnendsten, aber auch nervenaufreibendsten Mechaniken ist der Diebstahl. Das Knacken von Schlössern ist in Kingdom Come: Deliverance 2 weiterhin eine Herausforderung (auch wenn es nun einfacher ist als im 1. Teil). Zu Beginn sind selbst einfache Schlösser ein Hindernis, da die Mechanik extrem feinmotorisches Geschick erfordert. Erst mit höherem Skill-Level wird das Schlösserknacken leichter und weniger frustrierend. Dietriche gehören daher zu den wichtigsten Must-Have Gegenständen in KCD2

Neben dem klassischen Langfinger-Spiel gibt es noch das Betrugssystem: Wer geschickt blufft, kann im Würfelspiel ordentlich absahnen. Doch Diebstahl ist in Kingdom Come: Deliverance 2 weit mehr als nur eine Nebensache – fast jeder Ort kann ausgeraubt werden, wenn man geschickt genug vorgeht. Ob Häuser, Händlerstände oder Burgen, mit genügend Geschick lassen sich wertvolle Gegenstände stehlen.

Allerdings bleibt das nicht ohne Konsequenzen: Wenn Diebstähle oder Einbrüche zu häufig vorkommen, reagieren die Wachen zunehmend misstrauisch und kontrollieren die Bevölkerung verstärkt. Wer in einer Stadt gesucht wird und per Schnellreise durch sie reist, läuft Gefahr, von Wachen aufgehalten und durchsucht zu werden. Wird dabei gestohlene Ware gefunden, droht eine saftige Strafe oder gar der Kerker. Wer also auf ein Leben als Dieb setzt, muss vorsichtig und vorausschauend agieren.

Ein Stealth-Albtraum mit Speicherproblemen

Falls die Speichertränke ausgehen, kann man immer noch im eigenen Bett schlafen.

So viel Lob es für das Kampfsystem gibt, so groß ist meine Frustration über manche Missionsdesigns. Besonders eine Schleichmission in der Burg Trosky raubt mir den letzten Nerv: Heinrich wird aller Ausrüstung beraubt, ich kann nicht speichern, und Trial-and-Error bestimmt das Gameplay. Da das Speichersystem nur begrenzt funktioniert und Speicherschnäpse Mangelware sind, bedeutet ein Fehltritt oft den Verlust wertvoller Spielzeit. Noch schlimmer: Eine spätere Mission zwingt mich erneut in diese Situation. Hier hätte Warhorse wirklich mehr Flexibilität einbauen müssen.

Alchemie

Ein weiterer essenzieller Aspekt von Kingdom Come: Deliverance 2 ist die Alchemie. Zum Glück kann Heinrich viele Tränke selbst herstellen, was ihm in zahlreichen Situationen Vorteile verschafft. Das Brauen von Heiltränken, Stärkungsmitteln oder Giften erfordert Geduld und Fingerspitzengefühl, da das System an ein kleines Minispiel gekoppelt ist. Zutaten müssen im richtigen Verhältnis gemischt, erhitzt und umgerührt werden, um ein perfektes Gebräu zu erhalten.

Neben Tränken kann Heinrich auch Kräuter und Nahrung trocknen, um deren Haltbarkeit zu verlängern. Das ist besonders praktisch, da verderbliche Lebensmittel schnell ungenießbar werden können und sogar zu Vergiftungen führen, an denen Heinrich auch sterben kann. Wer also auf längere Reisen geht, sollte sich gut vorbereiten und stets einen Vorrat an haltbarer Nahrung dabei haben. Alchemie ist nicht nur ein nettes Zusatzfeature, sondern kann spielentscheidend sein – sei es in Kämpfen oder bei Quests, in denen bestimmte Tränke benötigt werden.

Orte erkunden

Die Welt von Kingdom Come: Deliverance 2 ist voller Geheimnisse und versteckter Schätze, die sich durch Erkundung und Interaktion mit NPCs aufdecken lassen. Gespräche mit Bürgern, Tavernenbesitzer oder reisenden Händlern liefern wertvolle Hinweise auf geheime Truhen oder vergessene Verstecke. Manche Einwohner erzählen von mysteriösen Orten im Wald, in denen Banditen ihre Beute vergraben haben, während andere von verlassenen Ruinen berichten, die wertvolle Relikte bergen könnten.

Ein weiteres spannendes Feature ist das Schnellreisesystem, das nicht ohne Risiko ist. Während der Reise kann Heinrich zufälligen Ereignissen begegnen, darunter Überfälle durch Banditen, Bettler, die um Almosen bitten, oder sogar ein friedlicher Wandermönch, der eine Quest oder wertvolle Informationen bietet. Auch Händlergruppen sind unterwegs und bieten Gelegenheit, seltene Waren zu kaufen oder gestohlene Gegenstände loszuwerden.

Die Welt fühlt sich dadurch lebendig und dynamisch an, da keine zwei Reisen identisch verlaufen. Wer aufmerksam zuhört und sich Zeit für die Erkundung nimmt, kann auf zahlreiche verborgene Geheimnisse stoßen und seine Abenteuer noch lohnenswerter gestalten.

Umfassendes Skillsystem

Das Skillsystem in Kingdom Come: Deliverance 2 bietet nicht nur die offensichtlichen Verbesserungen durch Erfahrungspunkte und Talentpunkte, sondern birgt auch einige versteckte Perks, die sich nur durch Zufall oder bestimmte Aktionen freischalten lassen. Diese geheimen Fähigkeiten können das Gameplay auf unerwartete Weise beeinflussen und sind oft an spezifische Bedingungen geknüpft.

Was dieses System besonders macht: Nahezu jede Handlung im Spiel trägt zur Verbesserung von Fähigkeiten bei. Gespräche mit Bürgern und anderen NPCs steigern nach und nach die Redekunst, während das regelmäßige Schleifen von Waffen die Handwerkskunst verbessert. Selbst das Tragen von schwerem Gepäck entwickelt nach einer gewissen Zeit Heinrichs Stärke, ähnlich wie im Spiel Kenshi.

Ein Beispiel für einen geheimen Skill ist das Pferd Pebbles, das sich in ein deutlich schnelleres Reittier verwandelt, sobald eine bestimmte Anzahl an Kilometern auf der Karte zurückgelegt wurde. Solche versteckten Skills sind nicht explizit dokumentiert, sondern müssen durch Experimentieren oder Zufall entdeckt werden. Dadurch entsteht eine zusätzliche Motivation, verschiedene Spielmechaniken ausgiebig zu testen und sich intensiver mit der Welt auseinanderzusetzen.

Müdigkeit, Sattheit, Energie

Habe stets deine Stats im Auge

In Kingdom Come: Deliverance 2 ist Heinrich kein allmächtiger Ritter, sondern ein Mensch mit all seinen nervigen und manchmal ziemlich lästigen Bedürfnissen. Wer denkt, er könne ewig durch die Lande ziehen, ohne Schlaf oder Essen, wird schnell eines Besseren belehrt. Wer zu lange wach bleibt, sieht bald aus wie ein lebender Zombie und kämpft auch so. Schläfrige Augen, taumelnde Bewegungen, verminderte Ausdauer – irgendwann kippt Heinrich wahrscheinlich einfach um, wenn er nicht rechtzeitig ins Bett findet.

Doch damit nicht genug! Wer Hunger leidet, hat keine Kraft, was besonders unangenehm ist, wenn man gerade von einem Halunken mit einer Axt gejagt wird. Aber wehe dem, der denkt, er könne sich einfach volllaufen lassen – übermäßiges Essen macht träge & langsam.

Diese Mechaniken machen das Spiel noch intensiver – Reisen bedeutet nicht nur, an Waffen und Rüstung zu denken, sondern auch an genug Vorräte und regelmäßige Pausen. Wer sich nicht gut vorbereitet, wird schnell merken, dass die größte Herausforderung nicht die Feinde auf der Straße sind, sondern der eigene Körper, der permanent irgendetwas braucht, meckert oder einfach mitten in der Nacht zusammenbricht. Willkommen im echten Mittelalter!

Bücher lesen und sich bilden

Beim Lesen solltest du dich auf eine Bank setzen, dann forscht Heinrich schneller!

Heinrich kann in Kingdom Come: Deliverance 2 Bücher finden und lesen, um seine Fähigkeiten zu verbessern.

Sie benötigen eine lange Zeit, bis Heinrich sie vollständig gelesen hat. Ein nützlicher Trick, um diesen Prozess zu beschleunigen, ist es, sich auf eine Bank zu setzen und eine Brille aufzusetzen – das erhöht die Lesegeschwindigkeit spürbar und beschleunigt den Lernprozess. Wer also effizient sein will, sollte sich nicht einfach irgendwo hinstellen und lesen, sondern eine gemütliche Leseecke suchen.

Diese Mechanik fügt dem Spiel eine zusätzliche strategische Ebene hinzu: Wer sich Wissen aneignen will, muss nicht nur die richtigen Bücher finden, sondern auch die Geduld aufbringen, sie zu studieren. Dadurch fühlt sich das Lernen organisch an und passt perfekt zur langsamen, realistischen Progression des Spiels.

Böhmens schöne, aber nicht perfekte Welt

Optisch ist das Spiel gelungen, aber kein Meilenstein. Vor allem die Natur sticht hervor – Bäume, Gräser und Lichtspiele sehen fantastisch aus. Die Städte, insbesondere Kuttenberg, wirken lebendig und detailreich. Doch gegen moderne Grafik-Highlights kann Kingdom Come: Deliverance 2 nicht ganz bestehen. Charaktermodelle sind besser als im Vorgänger, aber nicht bahnbrechend. Zudem gibt es kleinere technische Schwächen wie Soundaussetzer oder ungelenke Animationen.

Tiere führen ein reges Eigenleben

Interessanterweise zeigt Kingdom Come: Deliverance 2, dass Grafik allein nicht die Immersion eines Spiels bestimmt. Viele ikonische Titel wie Gothic 2 oder Morrowind faszinieren bis heute, obwohl ihre Grafik längst überholt ist. Was zählt, ist die Atmosphäre, das Zusammenspiel aus Welt, Charakteren und Detailverliebtheit. Warhorse Studios legt den Fokus genau darauf: Die mittelalterliche Welt fühlt sich lebendig an, weil sie authentisch gestaltet ist, nicht weil sie mit der besten Technik glänzt. Das Zusammenspiel aus Lichtstimmung, Wettereffekten und organischem Weltdesign zieht Spieler schnell in den Bann, unabhängig davon, ob die Texturen oder Gesichtsanimationen mit den aktuell besten Titeln mithalten können.

Fazit: Ein mitreißendes, aber nicht perfektes Abenteuer

Nach 90 Stunden kann ich sagen: Kingdom Come: Deliverance 2 ist ein herausragendes Rollenspiel, das eine fesselnde Geschichte mit tiefgreifendem Gameplay verbindet. Besonders die authentische Mittelalterwelt und die lebendigen Charaktere ziehen einen in den Bann. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Schwächen, die nicht unerwähnt bleiben dürfen: Das Speichersystem kann in entscheidenden Momenten frustrieren, das Missionsdesign ist manchmal zu starr, und Stealth-Abschnitte fühlen sich oft erzwungen an.

Dennoch überwiegen die Stärken deutlich: Das tiefgehende Skillsystem, die beeindruckende Weltgestaltung und die herausfordernden Kämpfe machen das Spiel zu einem unvergesslichen Erlebnis. Wer sich auf das entschleunigte Tempo und die detailverliebte Spielmechanik einlässt, wird mit einem der immersivsten Rollenspiele der letzten Jahre belohnt. das dich tief in die Welt des Mittelalters eintauchen lässt.

Die Story ist fesselnd, die Charaktere lebendig, und das Kampfsystem endlich spaßtauglich. Gleichzeitig gibt es ärgerliche Schwächen: Missionsdesign, Stealth-Abschnitte und das restriktive Speichersystem sind manchmal frustrierend. Wer Geduld mitbringt und sich auf die Eigenheiten des Spiels einlässt, bekommt ein einzigartiges Erlebnis. Trotz den paar Mängeln bleibt das Mittelalter hier so authentisch und fesselnd wie nirgendwo sonst. Well Done!

Bewertung: 9 von 10 Punkten!

Pro
Tiefgehende, fesselnde Story mit zahlreichen Wendungen.
Realistisches Mittelalter-Setting mit historischer Authentizität.
Dynamisches Skillsystem – nahezu jede Handlung verbessert eine Fähigkeit.
Große Waffenvielfalt inklusive Schusswaffen wie Handkanonen.
Umfangreiches Alchemie-System zum Brauen
Detaillierte Welt mit versteckten Truhen, geheimen Orten und Entdeckungen.
Schnellreisesystem mit zufälligen Events
Das Rufsystem sorgt für spürbare Reaktionen der NPC
Komplexes Diebstahl- und Einbruchssystem
Überraschende geheime Skills
Contra
Stealth-Abschnitte mit restriktivem Speichersystem
Zeitlimits in bestimmten Quests werden nicht immer klar kommuniziert.
Schlösser knacken anfangs unnötig schwierig
Zuletzt aktualisiert am März 4, 2025 um 4:41 pm . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.